Die bauliche Verdichtung Berlins macht es schwieriger, Clubkulturorte zu bewahren oder neue Räume zu erschließen. Wie steht eure Partei zur Absicherung von Clubs durch Instrumente der Stadtplanung (z.B. Kultur-Sondergebiete) bzw. wie setzt ihr euch für eine langfristige Sicherung von Clubs ein?
Die vielen Berliner Clubs und Kollektive sind oft Orte, an denen Musik und Kultur jenseits des Mainstreams stattfinden können. In ihrer Vielfalt sind sie ein nicht wegzudenkender Bestandteil der Kultur und bieten essentiellen kreativen Freiraum. Gerade jetzt muss es unser Ziel sein, unsere lebendige Clubkultur zu erhalten – und entsprechende Standorte zu sichern und neue zu ermöglichen. Schon jetzt ist es oft unmöglich, Ausweichflächen für bedrohte Clubs zu finden. Wir möchten Clubstandorte durch Bebauungspläne vor Verdrängung schützen und perspektivisch auch Flächen für Clubs bei (Gewerbe-)Neubauprojekten ermöglichen. Wo möglich, wollen wir hierzu planungsrechtliche Instrumente einsetzen, um Standorte zu sichern bzw. zu schaffen. Dazu gehört für uns auch die Ausweisung entsprechender Gebiete, die eine (club-)kulturelle Nutzung ermöglichen.
Auf grüne Initiative hin wurde Clubkultur vom Abgeordnetenhaus als Kultur anerkannt. Nun wollen wir diesen Meilenstein aber auch im Baugesetzbuch auf Bundesebene rechtsfest machen. Für uns liegen auch weitere, entscheidende Hebel auf Bundesebene: Dort kämpfen wir für ein faires Gewerbemietrecht, damit die Clubverdrängung beendet wird. Das Land Berlin muss seine öffentlichen Liegenschaften stärker als bisher für kulturelle Zwecke öffnen – für Zwischennutzungen, aber auch dauerhaft. Denn Kultur ist das Blut in den Adern dieser Stadt.
Die Entwicklung Berlins seit der Wiedervereinigung ist ohne die kulturellen und kreativen Räume nicht vorstellbar. Ihnen muss bei Stadtentwicklung und Raumnutzung ein deutlich größerer Stellenwert eingeräumt werden. Wir werden gemeinsam mit allen relevanten Akteuren einen Stadtentwicklungsplan Kultur erarbeiten und darin Konzepte und Leitlinien zur Sicherung und Entwicklung von Kulturräumen in Berlin verankern.
Wir werden dafür sorgen, dass es auch zukünftig genügend Raum für kreative Orte in unserer Stadt gibt. Wir stehen für eine kulturfreundlich ausgerichtete Stadtentwicklungspolitik, die dafür sorgt, dass landeseigene Grundstücke verstärkt auch für Standorte der Kreativwirtschaft genutzt werden können. Wir haben 2012 die Berliner Liegenschaftspolitik geändert und dafür gesorgt, dass auch Unternehmen und Projekte die Möglichkeit bekommen können, an landeseigene Grundstücke zu gelangen, wenn man nicht das größte Budget, dafür aber das beste Nutzungskonzept hat. Leider hat Rot-Rot-Grün das nicht umgesetzt und wertvolle Liegenschaften in staatlicher Verwaltung ohne spannende Konzepte liegen gelassen, wie etwa die Alte Münze, den Spreepark oder den Flughafen Tempelhof. Im Gegenteil wird dort durch staatliche Planung und Bevormundung Kreativität und die Schaffung kultureller Freiräume verhindert. Das werden wir ändern!
Stadtentwicklungspolitik muss Flächen auch für kreative Orte, die eine Clubnutzung ermöglichen, ausweisen und planungsrechtlich absichern. Wir wollen auch Flächen für andere Unternehmen der Kreativ- und Veranstaltungswirtschaft zur Verfügung stellen. Außerdem werden wir eine Schnittstelle für die Kreativwirtschaft bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (analog zur bestehenden Stelle beim Senat für Wirtschaft, Bereich Kreativwirtschaft) sowie den entsprechenden Bezirksämtern, die zwischen Kultur-, Wirtschaft und Stadtplanung koordiniert und Planungsprozesse für die Kreativwirtschaft mitgestaltet, einrichten.
Darüber hinaus wollen wir das Planungsinstrument „Clubkataster“ mit fortgeführter Unterstützung durch das Musicboard ausbauen. Es soll konsequent im Planungsalltag der Bezirke Anwendung finden. Außerdem wollen wir parallel zum Clubkataster ein ähnliches Instrument aufbauen, das mögliche freie Flächen für eine (Zwischen-)Nutzung erfasst und die Durchführbarkeit von spontanen Free Open Airs prüft. Standortpartnerschaften zwischen Industrie und Musik-/Kreativszene unterstützen wir ausdrücklich.
Schließlich kommt konkret auch den plan- und genehmigungsgebenden Behörden eine Verantwortung beim Erhalt und bei der Ermöglichung von Orten der Clubkultur zu. Am Beispiel des Holzmarktes ist leider anschaulich zu erkennen, wie kreative Projekte vom zuständigen Bezirksamt nicht nur nicht unterstützt, sondern Vorhaben vorsätzlich zerstört werden. Nicht nachvollziehbar ist für uns auch der Umstand, dass es seit 7 Jahren für das Yaam keinen langfristigen Mietvertrag gibt, der es diesem wichtigen Club ermöglichen würde, Planungssicherheit und Finanzmittel zur dringend notwendigen Sanierung der Gebäude zu bekommen. Das wollen wir ändern!
Die Clubcommission hatte im Dezember 2021 Politiker verschiedener Parteien zu einer Tour durch vier Berliner Clubs eingeladen: Kitkat, Alte Münze, Yaam und Holzmarkt. Alle vier sind in ihrer Existenz nicht dauerhaft gesichert. Nur beim Kitkat handelt es sich um private Eigentümer. Bei allen anderen drei Clubs sind das Grün regierte Friedrichshain-Kreuzberg oder der rotgrünrote Senat dafür verantwortlich, dass diese Clubs in ihrer Existenz gefährdet sind.
Yaam dadurch, dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sich weigert, den Standort für das Yaam vertraglich dauerhaft abzusichern. Er verstößt damit gegen die Vereinbarung von Senat, Parlament und dem damaligen Grünen Bürgermeister Schulz, dieses Grundstück dauerhaft dem Yaam zu übertragen. Immerhin ist es unserem Engagement im Hauptausschuss zu verdanken, dass in diesem Jahr die Vorbereitungen für den Neubau der Uferwand an der Schillingbrücke beginnen.
Beim Holzmarkt durch die Weigerung den Bebauungsplan für den Holzmarkt festzusetzen, der fertig vorliegt.
In der Alten Münze hat die Kulturverwaltung von Klaus Lederer gegenüber dem Abgeordnetenhaus noch bestritten, dass dort ein Clubbetrieb stattfindet. Die Spreewerkstätten bekommen wegen der Pläne der Kulturverwaltung, dort ein staatliches Kulturzentrum einzurichten, vertraglich keine Planungssicherheit.
Die Sicherung dieser drei Clubstandorte ist folglich dem Bezirk Friedrichshain- Kreuzberg und dem Senat einfach möglich. Dafür werden wir uns einsetzen!
Die Partei DIE LINKE setzt sich seit Jahren auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene für die planungsrechtliche Absicherung von Clubs ein. Unsere Fraktion hat 2020 im Abgeordnetenhaus mit der Mehrheit von rot-rot-grün einen umfangreichen Antrag beschlossen. Darin werden Senat und Bezirke aufgefordert, Clubs in Planungs- und Genehmigungsverfahren durch die Baugenehmigungsbehörden als Anlagen kultureller Zwecke zu behandeln. Für DIE LINKE. ist Berlins Clubkultur ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens unserer Stadt. Clubs und Musikspielstätten sind wichtige kulturelle Räume, und wir unterstützen das besondere Engagement von Clubs für Diversität, für Schutzräume marginalisierter Communitys (»Safer Spaces«), für Inklusion und Nachhaltigkeit. Clubs sind mit anderen Kulturstätten gleichzustellen, insbesondere im Steuer- und Baurecht. Wir unterstützen die Anpassung von Planungs- und Baurecht, um Clubs insbesondere auch in Gebieten zulassen zu können, die geringe Nutzungskonflikte erwarten lassen, aber keine Kerngebiete sind. Wir setzen uns darüber hinaus auch dafür ein, dass zusätzlich eine neue Baugebietskategorie „Kulturgebiet“ eingeführt wird, um bestehende Clubs vor Verdrängung zu schützen und die Ansiedlung neuer Clubs auch in Innenstädten zu ermöglichen. Zu den Sicherungsinstrumenten auf Landesebene zählt auch die Fortführung des Lärmschutzfonds.
Gegen den Verdrängungsdruck braucht es vor allem auch eine soziale Reform des Gewerbemietrechts, denn Clubs sind heute insbesondere durch die Realisierung von ungesteuerten Verwertungsinteressen von privaten Eigentümern gefährdet, die Clubnutzungen, die ursprünglich oft als Zwischennutzung entstanden, wegen höherer Profiterwartungen (Wohnen, aber auch profiträchtigere Gewerbenutzungen) beenden. Gewerbemietrecht ist allerdings Bundesrecht. Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, ein soziales Gewerbemietrecht einzuführen, das neben einer Mietpreisbegrenzung einen Mietspiegel sowie einen besonderen Kündigungsschutz aufweist.
Eine langfristige Sicherung der Clubstandorte hängt an vielen Faktoren, die von den Eigentumsverhältnissen der jeweiligen Standorte bis zu städtebaulichen Besonderheiten reichen. Die Sicherung von Standorten im Rahmen von Bebauungsplänen, etwa um in Fragen des Lärmschutzes Rechtssicherheit zu schaffen, kann ein Instrument sein, das aber immer im Einzelfall neu begründet werden muss. Klar ist, dass Clubs zum Leben in einer Großstadt dazu gehören und auch in Wohngebieten prinzipiell möglich sein müssen.
Die Berliner SPD war und ist der Berliner Clubszene historisch und gesellschaftspolitisch verbunden. Die Berliner Clubkultur ist eine der tragenden Säulen der Hauptstadt und Teil des Berliner Selbstverständnisses. Die Frage nach dem Erhalt von Clubkulturstätten und der Sicherung entsprechender Räume wird immer dringlicher, vor allem, weil Clubs einerseits eine innerstädtische Lage mit guter Verkehrsanbindung benötigen, andererseits aber aufgrund von Lärmemissionen Abstand zu Wohnbebauungen brauchen und zunehmend in den Fokus von Investor*Innen geraten. Die Berliner Clubkulturorte sehen wir als Teil eines kulturbewussten Gesamtansatzes für Stadtentwicklung. Deshalb setzen wir uns für die Erstellung eines Stadtentwicklungsplans Kultur für Berlin ein, der einen Rahmen für die Umsetzung kultureller und künstlerischer Aspekte in die Stadtplanung schafft und konkrete Projekte und Orte für Kunst und Kultur benennt und bei der Entwicklung von Stadtquartieren mitdenkt.
Um darüber hinaus die Berliner Clubkultur langfristig zu erhalten, streben wir an:
- die Festsetzung und Sicherung von landeseigenen Standorten zukünftiger clubkultureller Nutzung und bis dahin Bestandsschutz für bestehende Clubs auf landeseigenen Standorten
- die Anerkennung von Clubs als kulturelle Einrichtungen. Sie sind rechtlich Konzertsälen, Opern, Theatern und Programmkinos als Kultureinrichtungen gleichzustellen. Dies ist auch in den Bebauungsplänen zu berücksichtigen
- Clubs, welche kulturelle und künstlerische Zwecke verfolgen, werden in der Baunutzungsverordnung als Anlagen für kulturelle und soziale Zwecke behandelt und nicht als Vergnügungsstätten
- die Schaffung von Kulturschutzgebieten. Kulturschutz soll als Teil der Erhaltungsordnung (§172 BauGB) eingeführt werden. Eine neue Baugebietskategorie „Kulturgebiet“ soll eingeführt werden, um bestehende Clubs vor Verdrängung zu schützen und die Ansiedlung neuer Clubs auch in Innenstädten zu ermöglichen
- die Clusterung innerstädtischer Alternativen für bedrohte Standorte. Dabei ist die Vermietung landeseigener und bundeseigener Liegenschaften an Clubs zu prüfen.
- die Einrichtung einer Clearingstelle, die Nutzungskonflikte lösen und mögliche Umnutzungen und Umsiedlungen von Clubs ermöglichen soll
- die finanzielle Unterstützung von Clubs, um Maßnahmen zur Verbesserung des Lärmschutzes und damit der Stadtverträglichkeit zu ermöglichen.
Kurz: Die Absicherung von Clubs durch Instrumente der Stadtplanung ist sehr sinnvoll. Dazu gehört der Kulturkataster, der Stadtentwicklungsplan Kultur und die Förderungen von B-Plänen, die urbane Gebiete ausweisen.